Josef Georg
Meinert
Josef Georg Meinert,
Partschendorf. Verfasser der "Fylgie"
An der Nordseite der Partschendorfer Kirche steht eine
Grabkapelle. Der Friedhof, der die Kirche einst umgürtete,
ist aufgelassen worden, die Kapelle ist geblieben. Über dem
Eingang steht das Pauluswort: "Die Liebe höret
nimmer auf". Jedes Kind in Partschendorf wußte zu
sagen: "Das ist Meinerts Gruft". Aber was der Name Meinert
für das Kuhländchen bedeutete, das wissen nur wenige. Vor
uns lag einst ein Buch. Es trug die Aufschrift
"Alte deutsche Volkslieder in der Mundart des
Kuhländchen, herausgegeben und erläutert von Josef Georg
Meinert 1817". Es ist das Buch, welches Meinert
mit großer Liebe "Fylgie" taufte. Und dem
Verfasser dieses Buches ist der folgende Beitrag gewidmet.
Josef Georg Meinert war ein Deutschböhme und wurde am
22. Februar 1773 in Leimeritz geboren.
Sein Vater war Josef Ferdinand Meinert, später Bürger und
Rentmeister in Leimeritz, seine Mutter, Maria Anna, geb.
Peher, aus Aussig. Josef wurde als dritter Sohn in dieser
Ehe geboren. Er studierte nach absolvierung eines
Gymnasiums an der Prager Universität Philosophie und
promovierte daselbst 1799 zum Doktor phil. Er widmete sich
als solcher dem Lehrfach und wurde Professor (= Studienrat)
am akademischen Gymnasium in Prag. Im Jahre 1806 wurde er
als Professor der Ästhetik, der Geschichte, der Künste und
Wissenschaften an die Prager Universität berufen. Hier
wurde er mit dem Grafen Malabaila de
Canale bekannt, der Großmeister der böhmischen
Freimaurerloge war. Auch Meinert war Mitglied derselben,
denn viele bedeutenden Männer, wie Goethe, Herder, Mozart,
Hayden, auch viele Fürsten und Staatsmänner, gehörten der
Freimaurerloge an. Die Freimaurer waren eine
weltbürgerliche Bewegung mit dem Ziel, ihre Anhänger zu dem
Ideal edlen Menschentums hinzuführen. Die sinnbildlichen
Zeichen dieser Bewegung sind meist dem Maurerhandwerk
entnommen, daher der Name Freimaurer. Auf dieser Ebene
trafen sich der dem böhmischen Adel angehörende Graf
Malabaila de Canale und der bürgerliche, aber hochgelehrte
Dr. phil und Universitätsprofessor Josef Georg Meinert.
Graf Canale hatte aus seiner Ehe mit der Gräfin Maria
Brigitte Chotek, verwitwete Gräfin Taaffe, eine einzige
Tochter, Josefine. Sie war bereits mit 20 Jahren an
Johann Nepomuk Graf von Pachta, Freiherr
von Reihofen, verheiratet. Die Ehe war sehr unglücklich und
die junge Frau war genötigt, sich von ihrem Gatten zu
trennen. Der einzige Sohn aus dieser Ehe, Karl, blieb bei
der Mutter, die abwechselnd in bei ihrem Vater in Prag oder
auf ihrem Gut Partschendorf lebte. Auf Empfehlung ihres
Vaters kam 1797 Meinert als Erzieher des Knaben in ihr
Haus. Da entstand zwischen der schönen, jungen Frau und dem
geistreichen, jungen Gelehrten jener Herzensbund, den nur
der Tod lösen sollte.
Zwei Kinder waren ihm entsprossen, einer Tochter Fanny -
Franziska - starb mit 13 Jahren am 15. Dezember 1811, von
Meinert tief betrauert. Im Jahre 1805 wurde ihnen ein Sohn,
Hugo, geboren, dessen Erziehung nun Meinerts
ausschließliche Sorge war. Im Jahre 1811 zog er sich von
der Schule ganz zurück, trat in den Ruhestand und lebte mit
seiner Familie seitdem zu Prag und Wien und während der
schönsten Jahreszeit auf den Gütern zu Partschendorf im
Kuhländchen und in Schlatten bei Wagstadt. Ein Zeitgenosse
sagte von Meinert, er sei ein frommer, lieber Mann, von
vielen Kenntnissen, menschlichem Gefühl und redlichem Sinn.
Nur Gutes spreche aus allen seinen Zügen. Seit der
endgültigen Übersiedlung der Familie nach Partschendorf im
Jahre 1816, übernahm er gemeinschaftlich mit der Gräfin
Pachta die Verwaltung ihrer Güter. Dr Meinert stand in
herzlicher Beziehung zu vielen berühmten Menschen,
vornehmlich zu dem großen Dichter der Romantik,
Josef von Eichendorff, und es mögen viele
freundschaftlichen Fäden zwischen dem Partschendorfer
Schloss und dem Eichendorff-Schlösschen in dem Nachbarort
Sedlnitz geknüpft worden sein, denn Meinert wurde von
allen, die ihn kannten hoch geschätzt. Josef Georg Meinert
starb am 17. Mai 1844 in Partschendorf,
Gräfin Josefine von Pachta war ihm bereits 1833 im Tod
vorangegangen.
Angefügt sei hier noch, dass wie fast jeder Ort, auch das
damals abgelegene und stille Partschendorf, irgendeine eine
Beziehung zur großen, bunten Welt und ihrem Geschehen
hatte. Graf Josef Emanuel Malabaila de
Canale, der Vater der ehemaligen Gutsherrin,
Gräfin Josefine Pachta, kaufte im Jahre dem
Minoriten-Konvent von St. Jakob in Prag einen Weingarten
vor dem Rosstor ab und verwandelte ihn binnen weniger Jahre
in den schönsten aller Prager "Spaziergärten". Als
Menschenfreund genoss er seinen Besitz nicht für sich
allein, sondern machte ihn auch der Prager Bürgschaft
zugänglich. Einen Teil der Anlage bestimmte er als
botanischen Garten, dem eine berühmte botanische
Lehranstalt angeschlossen wurde. Den zeitgenössischen
Beschreibungen nach muss der Canalsche
Garten alle jene Einrichtungen besessen haben,
ohne die ein herrschaftlicher Park damals, zu Zeit des
Rokoko, nicht auskam. Stimmungsvolle Feste wurden in diesem
Garten gefeiert. Das prächtigste fand am 25. Juli 1786 aus
Anlass der Verlobung seiner Tochter Josefine mit dem Grafen
von Pachta, Freiherr von Reihofen, statt. Dazu war alles,
was in Prag Rang und Namen hatte, und zwar neben dem Adel
auch das angesehene Bürgertum, Gelehrte und Künstler,
eingeladen. Heute sind all diese schönen Gärten des
goldenen Prag längst versunken und ihr Grund und Boden
trägt Häuser der sich ausbreitenden Großstadt. Der
Canalsche Garten stand aber doch einstmals durch die
Gutsherrin, Gräfin Josefine von Pachta, in einer, wenn auch
nur losen Beziehung zu unserem Partschendorf. Durch
Überlieferung erfuhren wir, wie die Herrschaftsbesitzer zur
Zeit des Rokoko lebten und zu gegebenen Anlässen in ihren
städtischen Residenzen auch rauschende Feste feierten.