Vom
Lapatsch
Altes Gast- und Einkehrhaus
"Lapatsch" Gemarkung "Schlössle" - Postkarte
Wer zu Fuß von Partschendorf nach Neutitschein ging, und
das mußte man früher oft, der wählte den Weg "über
den Lapatsch", weil er kürzer war als der Weg über
die Bezirksstraße. Besonders für die Oberdorfer bedeutete
er eine große Ersparnis an Strapazen und Zeit. Wer nicht zu
Fuß gehen konnte oder wollte, musste mit einem
Bauernwägelchen zur Stadt fahren. Autobusverkehr gab es
zwischen Partschendorf und Neutitschein erst seit
1926 und vorerst bloß zweimal die Woche;
am Donnerstag, weil dies der Wochenferialtag der Schulen in
den Landgemeinden war, und am Samstag, weil an diesem Tag
am Neutitscheiner Stadtplatz und unter den
Lauben immer recht gut besuchte Wochenmärkte abgehalten
wurden. Der Autobusverkehr war ein Unternehmen der
Stadtgemeinde Neutitschein.
Doch zurück zum Lapatsch. Er war eine
Gastwirtschaft in der Nähe des Hohen
Waldes, nicht weit vom Schlössel, gehörte aber schon zur
Hausdorfer Gemarkung. Der Name "Lapatsch" kommt aus dem
Tschechischen; "lapati" bedeutet soviel wie fangen und
Lapatsch heißt in der Übersetzung "der Fänger". In früheren
Zeiten versteckten sich in solch einsam gelegenen Häusern
die Rekrutierungs-Kommissionen während des
Tages und gingen erst bei Nacht in die benachbarten Dörfer,
um die jungen Burschen zum Kriegsdienst auszuheben. Kamen
sie bei Tage, waren alle junge Männer verschwunden. Die
Bezeichnung "lapac", Fänger, übertrug sich auf das Haus, in
dem sie sich aufhielten.
Einst lag dieses Gasthaus an der polnischen
Straße, einem Fahrweg, der von der polnischen
Provinz Galizien - 1772 zu Österreich
gehörend - über Lemberg, Krakau über Freiberg nach
Partschendorf, über Neutitschein ins Betschwa- und Marchtal
und weiter bis nach Wien führte. Weil auf diesem Wege
damals sehr viel Vieh von Polen nach Wien getrieben wurde,
hieß er auch der Ochsenweg. An diesem lagen außer dem
Lapatsch auch das schon zu Partschendorf gehörende
Schlösselwirtshaus Nr. 72 und das
Oberschenkhaus Nr. 70. Alle drei
Gasthäuser erlebten in der ersten Hälfte des 18.
Jahrhunderts eine Blütezeit, die erst nach dem Bau der
"Kaiserstraße" - so benannt nach Josef II.
- um das Jahr 1785 eine Ende fand. Der
Verkehr verlagerte sich nun auf diese neue Straße, die
nicht über Partschendorf, sondern über Liebisch nach
Neutitschein führte. Die beiden Partschendorfer
Wirtshäuser, und auch der Lapatsch, sanken zur
Bedeutungslosigkeit herab. Der letztere bewahrte wohl noch
einige Zeit seine wirtschaftliche Höhe, denn er wurde um
1800 der Sommeraufenthalt der Herrschaftsbesitzer der
Umgebung.
Ein Viertelstündchen südwestlich vom Lapatsch erhebt sich
an der ehemaligen Ochsenstraße eine kleine
Kapelle. Aus welchem Anlass sie einst errichtet wurde,
vermag heute niemand mehr zu sagen. Sie steht auf dem
höchsten Punkt dieser Gegend. Wenn man ihn erklommen hatte,
war man glücklich, denn das Reiseziel, die Stadt
Neutitschein, lag bereits im Blickfeld. Und wer an einem
sonnenklaren Tag diesen Weg ging, konnte bewundernd auf den
schönen Gau, in das liebliche und nicht minder fruchtbare
Odertal blicken, das einst unsere geliebte Heimat war. Der
Lapatsch wurde gern von Ausflüglern aus der Umgebung,
besonders aber von Neutitscheinern besucht, denn in seinem
Garten, in dem viele Bänke unter alten Bäumen zur Rast
einluden, bot er ein lohnendes Wanderziel. Das massive,
festgebaute Haus mit seinen vergitterten Fenstern war in
seiner Einsamkeit immer mit einem Anflug von Trauer und
Schwermut umgeben.